"Der Empfänger macht die Nachricht" und was das mit sich-selbst-bewusst-sein zu tun hat
- 21. Mai 2024
- 5 Min. Lesezeit
Eigentlich ist dieser tolle Slogan aus der Informations- und Kommunikationstechnik, er passt aber auch wunderbar zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Wie oft ist es dir schonmal passiert, dass du etwas falsch verstanden hast oder verstanden wurdest?
Im besten Fall endet es witzig, schlimmer wird es dann bei Aufträgen im Job oder - und das ist die Königsklasse des "Falschverstehens" - führt in Familien zu knackigen Streitigkeiten.
"Warum verstehen meine Kinder nicht, was ich ihnen sage, und warum versteht mein Mann nicht, was ich ihm auftrage? Ich fühle mich alleine gelassen!" Diese Frage mit sofort angeschlossener passender Aussage wurde mir nun schon einige Male gestellt. Die Antwort darauf ist immer die Gleiche und immer wieder relativ einfach:
"Machen sie alle etwas, bemühen sich demnach, nur interpretieren in Ihre Aussage etwas anderes - Kinder und Männer sogar eher nichts - hinein als das, was Sie sich gerne wünschen würden?"
Verblüffung folgt.... Nun, wie meine ich das? Wir Frauen neigen dazu, jeden Blick, jeden Wimpernschlag, jedes Wort, jede Geste und Mimik, ja sogar die nicht vorhandenen Gesten in Form von ausgelassenen Smileys wild und tief zu hinterfragen und zu interpretieren. Wir "lesen zwischen den Zeilen" wo es keine Zeilen gibt, wir interpretieren wo es nichts zu interpretieren gibt. Einerseits eine sehr schöne und oft auch hilfreiche Art eine Nachricht (Blicke, Aussagen, Briefe, Nachrichten, Geschichten) zu verstehen. Wir sind in der Lage Nachrichten auf verschiedenen Ebenen zu verstehen, verstecke Botschaften zu entdecken, Hilfeschreie auch ohne Worte zu finden, Liebeserklärungen der Männer in mitgebrachten Erdbeeren zu entdecken oder auch unsere Kinder zu verstehen wenn sie trotzig in der Ecke sitzen. Wir sind einfühlsam, zumindest die meisten von uns, und genauso empfindlich. Der Nachteil an diesem tollen Talent ist, man muss es aktiv abschalten. Und das ist oftmals extrem schwer, aber umso hilfreicher. Denn wenn ich zu meinem Lebensgefährten sage: "Räumst du bitte die Spülmaschine aus?", bedeutet das für ihn: Spülmaschine ausräumen. Ende. Es gab in meinem Satz keine weiteren Informationen. Was ich sehr oft meine ist: "Räum bitte jetzt sofort die Spülmaschine aus und wieder ein, denn ich möchte, dass die Küche aufgeräumt ist wenn ich aus dem Bad wieder komme. Dann können wir den Rest des Tages genießen und ich sehe nicht ständig Arbeit, die noch erledigt werden muss. Du hast also einen 15 minütigen Zeitslot um das zu erledigen.". Woher soll der arme Mann das wissen? Wenn ich möchte, dass meine Nachricht so ankommt, wie ich es will, darf ich keinen Platz für Interpretationen offen lassen. Ich muss die Informationen, die ich rüberbringen will auch in die Nachricht packen. Denn wichtig ist nicht, was ich gesagt und gemeint habe, sondern was der andere versteht.
Das Selbe gilt natürlich auch für Nachrichten, welche sich an uns selbst richten. Auch hier sollte uns klar sein, dass nicht jede Unterhaltung einen tieferen Sinn hat. Wenn die Nachbarin mal nicht grüßt oder anhält beim Vorbeifahren oder -laufen, muss sie nicht direkt böse sein. Vielleicht ist sie gestresst, hatte einen schlechten Tag, ist ein Eile, hat euch nicht wahrgenommen.
Es ist hilfreich, wenn man sein Bewusstsein von der Interpretation zur Information zu lenken versucht. Was meine ich damit? Stellen wir uns vor, wir haben das eben genannte Bespiel erlebt: Wir sehen eine Bekannte auf der anderen Straßenseite und winken ihr zu. Sie schaut in unsere Richtung, winkt aber nicht. Wir halten an, wollen rüber, sehen jedoch dass sie sich schon abgewandt hat, in ihr Auto steigt und los knattert.
Die Gedanken einer Frau: "Was war das? Ist sie sauer auf mich? Wieso kann die (hier werten wir schon ab, nicht mehr sie sondern die) nicht mal hallo sagen. Unverschämt. Blöde Kuh.". Zugegeben, es ist etwas zugespitzt. All das sind Interpretationen. Nun stellen wir uns unseren Geist vor, als Haus mit verschiedenen Zimmern: Es gibt je nach Situation Zimmer für Gefühle oder Wahrnehmungen. Unser Bewusstsein ist ein kleines Licht, was durch diese Zimmer fliegt. Die Situation löst in den verschiedenen Zimmer Reaktionen in uns aus. Statt unser Bewusstsein wie ein Ball im Flipper von Raum zu Raum - von Interpretation zu Interpretation - knallen zu lassen schnappen wir es uns, beleuchten langsam jeden Raum und hinterfragen, was ihre Nachricht (nämlich keine Reaktion zu zeigen) in uns auslöst und wieso. Wir beleuchten unsere Sinnesmodalitäten: unsere Wahrnehmungen. Was haben wir tatsächlich gesehen, was hat sie tatsächlich getan, wie war die Lage, wie sah sie aus, wie wirkte sie - eilig, desinteressiert oder vielleicht abgelenkt? Nach und nach fangen wir die Fragen auf und beleuchten sie - das Gleiche machen wir mit den Emotionen, welche in uns aufgekeimt sind. Eine gute Frage für uns selbst ist auch: Warum interpretiere ich das in die Nachricht, in die Situation, hinein?
Wenn wir unser Bewusstsein aktiv beherrschen, können wir unsere Emotionen und Gedanken, Wünsche und Ideen auch besser ausdrücken. Wir werden uns unserer Selbst klarer und so auch für unser Umfeld einfacher zu verstehen. Wenn ich genau weiß, was ich möchte, wer ich bin und wieso, wenn ich mir selbst bewusst bin, kann ich mich auch klar ausdrücken.
Zugegeben, von der Spülmaschine zu einem Lichtkegel in meinem Kopf ist der Sprung doch sehr rabiat und möglicherweise etwas absurd, aber ich denke greifbar. Lasst mich versuchen, das Bespiel nochmal aufzugreifen und zu verdeutlichen, wieso euch das im Alltag helfen kann. Ich sage also "Bitte räum die Spülmaschine aus.". Er macht es nicht in den oben genannten 15 Minuten. Ich werde sauer. Er weiß nicht wieso und ich vielleicht auch nicht. Ich weiß nur, dass ich mich verarscht fühle, weil meine Bitte nicht beachtet wurden. Erst in meiner Wut platzt es aus mir heraus: "Ich wollte das es ordentlich ist, und schön, weil ich mich dann wohlfühle und keine unerledigte Arbeit über dem Tag schwebt! Aber wie immer muss ich alles alleine machen!" Mein Bewusstseins-Lichtkegel ist durch meinen Geist geschossen wie vom Blitz getroffen, hat jede Tür aufgerissen, ist durch den geistigen Raum geballert und aus der Tür wieder heraus, auf der Suche nach dem eigentlichen Sinn meines Wutausbruchs. Es schießt solange durch mein geistiges Domizil bis es auf die Gründe stößt. Zufällig und - vor allem anderen - zu spät. Dieser Streit hätte vermieden werden können, er war unnötig.
"Der Empfänger macht die Nachricht.". Wenn ich also Missverständnisse oder Interpretationen verhindern möchte, muss ich mein Bewusstsein lenken lernen und mir selbst aller Informationen bewusst werden, die ich auch vermitteln möchte und die dem anderen helfen, meine Aussage zu verstehen.
Es sind also nicht immer die Männer schuld. Auch nicht die Frauen. Es ist die Art, wie zwei Menschen miteinander kommunizieren - wie intensiv und bewusst sie dieses tun. Mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Sinneseindrücken und die Fähigkeit, sich auf die Kommunikation des anderen einzulassen....
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